Das Hochland wartet

Veröffentlicht am 7. Oktober 2023 um 22:18

Wir verlassen Donnerstag früh den Osten und fahren über Antananarivo nach Antsirabe im Hochland. Heute ist Reisetag, denn vor uns liegen 300km und 10 Stunden Fahrt. Die Straßenverhältnisse sind hier abenteuerlich und das ist noch untertrieben. Wir durchfahren gefühlt 10.000 Schlaglöcher und überleben dutzende Überholmanöver auf viel zu engen Straßen.

Nach 2 Stunden legen wir einen kurzen Stopp an einer Chamäleon Farm ein. Von den weltweit 200 Chamäleon Arten leben ca. 40 Prozent auf Madagaskar, darunter der Kleinste und der Größte. Hier nun einige der schönsten Exemplare, die ich heute vors Auge bekommen habe.

Zurück auf der Nationalstraße RN7

Je weiter wir ins Landesinnere fahren, je mehr verändert sich die Landschaft. Sie wird hügelig und überall sind Reisfelder, wo man nur hinsieht. In den Dörfern stehen rote Lehmhäuser, meist zweistöckige - unten für die Tiere (Ziegen, Hühner) und oben Küche und Schlafen. Es gibt keinen Strom, lediglich kleine Solarpanele laden das Handy und das Radio - letzteres ist ganz wichtig für das Zusammenleben hier.

Wer jetzt aufmerksam war, fragt sich sicher, ob es keine Toilette gibt. Diese befindet sich immer außerhalb des Hauses in einer kleinen Hütte, alles andere wäre fady - bringt Unglück.

Fadys 

Die Menschen hier in Madagaskar folgen einem ausgeprägten Ahnenkult und beachten viele "fadys" - Tabus, die ihr tägliches Handeln bestimmen. Da fadys sich auf Orte, Speisen oder Handlungen beziehen können und in vielen Regionen von Ort zu Ort wechseln, ist das Reisen auch für Einheimische auf Madagaskar nicht immer einfach. Sie müssen sich vor Ort nach den herrschenden fadys erkundigen, um keinen Fehler zu machen.

Fehler werden bestraft, entweder durch Autoritäten oder durch die Ahnen. Um Verstimmungen der Ahnen entgegenzuwirken, nimmt meist die Gemeinschaft eine eigene Bestrafung vor. Zudem ist es möglich durch bestimmte Riten z.B. Tier- oder Alkoholopfergaben um Verzeihung zu bitten - auch vorbeugend, falls ein Fady nicht eingehalten wird. Die Fadys können das Essen, Umgangsformen, Gräber, spirituelle Orte und vieles mehr betreffen und können zu dem je Familie, in einem Dorf oder Region unterschiedlich sein.

Ein Fady ist wohl aber in ganz Madagaskar gültig: man zeigt nicht mit dem Finger.
So in etwa haben wir das als Kinder doch auch mal gelernt, oder?

Zu Fuß unterwegs 

Heute am Freitag steht eine lange Wanderung durch das Hochland in 1700m Höhe an. Es liegen 17km bei 32 Grad vor uns ... für mich als Flachlandtiroler kein Selbstgänger, aber ich habe es gut geschafft. Ich war von der Anstrengung aber auch zu sehr abgelenkt durch eine wunderschöne Landschaft, Einblicke in das Dorfleben, herbeilaufenden Kinderscharen und einfach tollen Begegnungen mit den sehr hart arbeitenden Bauernfamilien. Die Reis- und Gemüsefelder werden nur per Handarbeit bestellt, in ganz wenigen Fällen unterstützen Zebus dabei.
Ein Zebu ist eine Rinderart und kostet ca. 2 Mio Ariary, umgerechnet 400 Euro. Das kann sich hier kaum jemand leisten.

Nach der Wanderung sind wir und unsere Klamotten zum Schreien staubig...aber das gehört eben dazu, wenn man in das Landleben hier eintaucht. Gerade ist Sommer auf Madagaskar und es ist daher sehr trocken und staubig.

Wir übernachten heute in einem privaten Gästehaus, sehr einfach aber authentisch. Wir wollten Abenteuer und wir bekommen Abenteuer.Duschen ohne fließend Wasser und eine Außentoilette. Meine Taschenlampe steht schon bereit! 😉 Unsere Gastgeber kümmern sich liebevoll um uns, erwärmen uns Wasser zum Duschen auf dem Feuer, für jeden von uns einzeln.

Nun sitze ich frisch geduscht auf der Treppe in der Abendsonne und unser Busfahrer singt und ein Mitreisender spielt Guitarre. Besser geht es nicht. (Ton anschalten!)

 

Viele Grüße 

Eure Katha 


Klugscheißerwissen 

Auf Madagaskar leben heute 28 Mio Menschen. Das Bevölkerungswachstum liegt bei 2,6 Prozent - eine kleine Zahl mit großer Wirkung: Die Bevölkerung Madagaskars wird sich damit in den nächsten 25 Jahren verdoppelt haben.

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